Wir bedanken uns bei unserem Bürgermeister Stephan Korte für die Antwort auf die Anfrage unseres Ratsherren Bernhard Helmerichs zu den Fäll-Arbeiten entlang der B6 in Brinkum.
Zusammenfassend kann man sagen:
- In Zukunft wird die Gemeinde über anstehende Arbeiten früher und detaillierter informiert, um rechtzeitig zum Vorhaben Stellung und ggf. Einfluss nehmen zu können.
- Die Gemeinde fordert das Ministerium auf die Nachpflanzungen mit klimaressistenteren Gehölzen bereits in diesem Jahr durchzuführen und nicht erst zwei Vegetationsperioden abzuwarten.
Als Stuhrer Grüne fordern wir von Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Nienburg in Zukunft bei Baumpflegearbeiten differenzierter und rücksichtsvoller mit dem vorhandenen Baumbestand umzugehen, um erneute unverhältnismäßige Baumfällungen zu vermeiden.
Antwort unseres Bürgermeisters Stephan Korte
Öffentliches Grün in Gefahr
Sehr geehrter Herr Helmerichs,
Ihre Anfrage vom 24. Februar 2021 bezüglich der Gehölzfäll-Arbeiten an der Umgehungsstraße Brinkum möchte ich im Folgenden beantworten, nachdem nun endlich die Antwort des Umweltministeriums zu meiner Anfrage betreffend der Geltung der Baumschutzsatzung eingegangen ist.
1. Wie umfänglich ist die Gemeinde von der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr Geschäftsbereich Nienburg über die radikalen Eingriffe informiert worden?
Der Fachdienst Verkehr der Gemeinde Stuhr wurde zwar am 14.10.2020 über anstehende Gehölzpflegearbeiten im Bereich der OU Brinkum B6 informiert (s. Stellungnahme der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr Geschäftsbereich Nienburg vom 9.03.2021).
Die Mitteilung behandelte aber insbesondere die im Zuge der Maßnahme geplanten Straßensperrungen, über die Art und den außergewöhnlichen Umfang der Fäll-Arbeiten erfolgte keinerlei Information.
2. Kann die Gemeinde darauf Einfluss nehmen, dass eine Neuanpflanzung mit insektenfreundlichen und klimaangepassten Bäumen erfolgt, die länger stehen bleiben können und nicht alle paar Jahre abgeholzt werden müssen?
Auf die entsprechende Anfrage der Gemeinde Stuhr nimmt die Landesbehörde für Straßenbau im o. g. Schreiben wie folgt Stellung:
„Generell werden seitens der Straßenbauverwaltung insektenfreundliche und klimaangepasste Sträucher und Bäume verwandt. In erster Linie werden jedoch heimische Gehölze gepflanzt, die den Klimawandel bisher am besten verkraften. Dort wo es möglich ist, wird auf die Belange von Insekten geachtet. So werden an verkehrsruhigen Kreisstraßen nach Möglichkeit auch Obstbäume gepflanzt. Auf Kompensationsflächen ist es ohnehin Ziel, die Arten-Diversität zu fördern.“ Hierbei wird auch auf eine neuangelegte Streuobstwiese an der Straße „Am Rövekamp“ verwiesen.
Im persönlichen Gespräch wurde seitens der Straßenmeisterei eingeräumt, dass die Pflanzung von kurzlebigen Weiden und Pappeln entlang der Umgehungsstraße ein Fehler war, den man heute nicht wiederholen würde. In seiner Email vom 8. April 2021 weist der Leiter der NLStBV, Herr Schindler, darauf hin, dass auch seine Behörde das Ziel verfolge, eine ausgeprägte Strauchschicht aus einheimischen Arten mit einem hohen Blühaspekt zu entwickeln. Da solche Sträucher bereits beim Neubau der OU Brinkum in den Straßennebenflächen gepflanzt worden seien, solle zunächst das Potenzial, das noch im Boden herrscht, genutzt werden und die Wurzelstöcke der im Boden verbliebenen Sträucher die Chance erhalten sich zu entfalten. Somit würden sich automatisch die Arten etablieren, die an dem Standort die höchste Widerstandsfähigkeit aufweisen und zukünftig am wenigstens Probleme durch Vitalitätsverluste bereiten. Sollte sich eine entsprechende Strauchschicht nicht entwickeln, könnte nach ein bis zwei Vegetationsperioden immer noch durch punktuelle Nachpflanzungen nachjustiert werden.
Aus Sicht der Gemeinde sollte die Ersatzpflanzung allerdings so früh wie möglich erfolgen, daher habe ich die Landesanstalt für Straßenbau aufgefordert bereits im Herbst 2021, inden Bereichen, in denen die Stockausschläge ausgeblieben sind eine Neuanpflanzung von vogel- und insektenfreundlichen Gehölzen vorzunehmen. Neben Sträuchern sollte die Pflanzung an geeigneten Stellen auch tiefwurzelnde standortgeeignete und klimaresistente Bäume enthalten, damit ein ausreichender Sichtschutz und (subjektiver) Lärmschutz gewährleistet wird. Weiterhin habe ich in dem Schreiben deutlich gemacht, dass die unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit unerwünschten Pappeln unbedingt und frühestmöglich durch aktive Bekämpfungsmaßnahmen an einem Wiederaustrieb gehindert werden sollten, damit sich der gewünschte artenreiche Gehölzbestand entwickeln kann.
3. Welche Maßnahmen kann die Gemeinde ergreifen, um zukünftig solche Radikaleingriffe zu verhindern?
Im Hinblick auf die Baumschutzsatzung der Gemeinde Stuhr sieht die Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau keine rechtliche Wirksamkeit für Ihren Zuständigkeitsbereich. Vielmehr sei diese nach § 4 Fernstraßengesetz dazu verpflichtet, dass sämtliche Bauten – dazu gehört auch das Straßenbegleitgrün – allen Anforderungen der Sicherheit und Ordnung genügen. Behördlicher Genehmigungen, Erlaubnisse und Abnahmen durch andere als die Straßenbaubehörden bedürfe es nicht.
Der Niedersächsischer Städtetag hat auf Anfrage mitgeteilt (s. Anlage), dass davon auszugehen ist, dass die Landesbehörde für Straßenbau eigenverantwortlich über die Notwendigkeit von Baumfällungen entscheiden kann. Es könne festgehalten werden, dass die Baumschutzsatzung im Rahmen der Gehölzpflege bei Bundesstraßen von dem Träger der Straßenbaulast, hier der Landesbehörde für Straßen bau, eingehalten werden muss. Es sollte dabei eine Absprache mit der Gemeinde stattfinden um Verstöße gegen die Satzung zu verhindern. Letztlich kann die Behörde jedoch auch entgegen der Satzung handeln, wenn das Interesse an der Verkehrssicherheit überwiegt.
Das Niedersächsische Umweltministerium vertritt im Wesentlichen die selbe rechtliche Auffassung (s. Anlage). Danach bedarf es für Verkehrssicherungsmaßnahmen seitens des Trägers der Straßenbaulast gern. § 4 Fernstraßengesetz keiner behördlichen Genehmigungen, Erlaubnisse und Abnahmen durch andere Behörden als die Straßenbaubehörden.
Somit muss der Träger der Straßenbaulast keine anderen Behörden beteiligen. Dies entbehrt den Träger der Straßenbaulast jedoch nicht davon, das geltende Recht – und damit auch gemeindliche Baumschutzsatzungen – einzuhalten. Hierbei sind gern. § 3 Abs. 1 Fernstraßengesetz die sonstigen öffentlichen Belange einschließlich des Umweltschutzes zu berücksichtigen, also auch die kommunale Baumschutzsatzung. Es ist daher davon auszugehen, dass Maßnahmen des Trägers der Straßenbaulast, die der Sicherstellung der Sicherheit und Ordnung an Verkehrswegen dienen, als übliche Pflege- und Erhaltungsmaßnahme angesehen werden müssen, die damit nicht als Veränderung anzusehen sind und daher Verstoß gegen die Baumschutzsatzung nicht vorliegt.
Die Straßenmeisterei hat der Gemeinde indes zugesagt, dass diese künftig bei größeren Gehölzpflegemaßnahmen vorab über Art und Umfang der Pflegearbeiten informiert wird, damit die Gemeinde vorab hierzu Stellung nehmen kann. Die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr behält sich aber vor, dass die „Fachkompetenz und die Abwägung durch unser geschultes Personal muss weiterhin zwingend“ beizubehalten ist, s. o.g. Stellungnahme.
4. Wie wird das abgeerntete Holz verwertet?
Hierzu erklärt die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr, dass das anfallende Holz- und Strauchmaterial gemäß vertraglicher Einigung in das Eigentum des Auftragnehmers übergeht und von diesem entsprechend verwertet wird.
5. Wie kann zukünftig erreicht werden, dass die Straßenmeisterei rechtzeitig, voll umfänglich und wahrheitsgetreu informiert, was sie auf unserem Gemeindegebiet vorhat?
Hierzu verweise ich auf das bereits in der Antwort zu Frage 3 erwähnte Zusage der Straßenmeisterei, die Grünpflege bzw. den Umweltbeauftragten der Gemeinde Stuhr künftig bei umfangreichen Pflegemaßnahmen im Vorfeld zu informieren. Wenn beim Fachdienst Verkehr der Gemeinde Stuhr Anträge auf längere Verkehrssperrungen eingehen, wird dieser zudem die Information sicherheitshalber ebenfalls an die für Gehölzpflege zuständigen Stellen im Rathaus weiterreichen.
Mittlerweile hat die Straßenmeisterei begonnen, den liegengebliebenen Strauchschnitt entfernen zu lassen.
Ich hoffe, dass die Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr aufgrund der Kritik aus der Bevölkerung und des Intervention der Gemeinde zu der Erkenntnis gelangt ist, dass eine rigorose Gehölzpflege wie an der Umgehungsstraße in Brinkum nicht mehr zeitgemäß ist.